re:view – re:health: Gute Laune per App

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Miriam Meckel talking about brainhacking

Cyborgs mit übermenschlichen Kräften, Versicherungen, die private Gesundheitsdaten ihrer Kunden ausspähen. Die Digitalisierung verändert schon jetzt die Möglichkeiten der Medizin, birgt aber auch Gefahren. Im Rahmen des Programmtrack re:health setzten sich TüftlerInnen, JournalistInnen und PatientInnen aus verschiedensten Perspektiven mit den Auswirkungen des technischen Fortschritts auf unsere Körper, Familien und Arbeitsverhältnisse, auf unsere Gesellschaft und Wirtschaft auseinander.

Verschlüsseln für Anfänger

Tag 1 des re:health Tracks konfrontierte uns mit dem Supergau: Datenklau. Mit dem Smartphone tracken wir unsere Fitness, sagen Kopfschmerzen voraus, zählen Zucker. Gelangen diese Daten in die Hände Dritter, sind wir erpressbar. Die Firma Tresorit hat daher die Health-App Zerokit erstellt, mit der NutzerInnen ihre sensiblen Gesundheitsinformationen schützen können. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und sichere Benutzerauthentifizierung sei vor allem für AnfängerInnen ohne technische Vorkenntnisse leicht zu nutzen, erklärte David Szabo von Tresorit.

DIY-Body Enhancements

Doch die Digitalisierung kann mehr, als Patienten durchsichtig und angreifbar zu machen. Eine Gesprächsrunde von Designern, technischen Entwicklern und Betroffenen zeigte, wie Maker-Technologien Menschen mit Behinderung die Möglichkeit geben, selbst Gadgets herzustellen, die individuell an ihre Bedürfnisse angepasst sind. Dazu gehören Rollstuhl-Add-ons, optische Orientierungshilfen für taube Sportler oder Prothesen, die mit dem 3D-Drucker produziert werden. Per Open Source werden Anleitungen standardisiert und frei weiterverteilt.

Digitale Verhütung

Das Internet of Things (IoT) revolutioniert auch die Familienplanung. Die Entwickler von Trackle produzierten einen Temperatursensor, den Frauen nachts wie einen Tampon tragen. Er schickt Temperaturdaten drahtlos ans Trackle-System und in die Cloud. Dort werden die fruchtbaren Tage berechnet und Prognosen für die nächsten Monate gemacht.

Neuronale Selbstoptimierung

Wie wird der Fortschritt unsere Gesellschaft verändern? In den USA gibt es bereits eine App für 300 US-Dollar, die mit Hilfe einer Elektrode am Kopf den Gemütszustand verändern kann. Ratten wurden bereits Gedanken verpflanzt, doch dies ist in naher Zukunft auch beim Menschen denkbar. Deswegen warnte Miriam Meckel in ihrem Talk vor einem Neurokapitalismus: Gute Laune und schnelle Synapsen sind teuer. Wer sie sich nicht leisten kann, fällt im Wettbewerb zurück.

Wem der ganze Fortschritt, mit all seinen utopischen und dystopischen Momenten auf der re:publica zu stressig wurde, der konnte sich bei Talks über Cannabis und Prokrastination aus Angst über Entspannungsmethoden informieren.

Fazit: Die digitale Infrastruktur und bessere medizinische Ausstattung bestimmen immer mehr die Qualität und Leistung der Gesundheitsversorgung. Beides bietet großartige Möglichkeiten für Maker. Doch wenn wir nicht aufpassen, tragen sie dazu bei, die Kluft zwischen arm und reich, gesund und krank weiter wachsen zu lassen.  

von Franziska Hoppen (EJS)

Bildnachweis: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

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