Macht, Algorithmus, Staat – Wenn der Wahl-O-Mat die Wahl entscheidet

Entscheiden bald Computer, wen wir wählen? Ganz so dramatisch wird es vorerst wohl nicht. Aber Algorithmen sind bei einfachen Entscheidungen in der deutschen Verwaltung schon im Einsatz, sagt Mike Weber in seinem Vortrag “Macht Algorithmus Staat”.

Wenn im Herbst Bundestagswahl ist, dann wird der Wahl-O-Mat wieder vielen WählerInnen dabei helfen, sich zu entscheiden. Der Algorithmus hinter der Wahlempfehlung besteht aus zwei Schritten: Er sortiert das Feld der Parteien und bestimmt dann, welche Partei zu den eigenen Positionen passt. Weber glaubt, dass in den nächsten Jahren technisch noch weitere Funktionen dazukommen könnten. Algorithmen könnten dann die Wahlentscheidung gänzlich übernehmen und dadurch die Parteien dazu bringen, ihre Programme auf die Algorithmen auszurichten.

Ist das nicht unrealistisch? Nein, denn schon heute testen staatliche Stellen in unterschiedlichen Behörden Algorithmen in der Verwaltung. Wie beim autonomen Fahren, gibt es auch hier verschiedene Stufen. Beim assistierten und teilautomatischen Fahren entscheiden am Ende die AutofahrerInnen oder eben SachbearbeiterInnen in der Behörde. Bei hochautomatisierten und autonomen Verfahren trifft die Software die Entscheidung gänzlich. Das passiert in einigen Kommunen etwa dann, wenn jemand einen Anwohnerparkausweis beantragt. Algorithmen überprüfen dann, ob die Person die vorgeschriebenen Kriterien erfüllt und stellen den Ausweis aus. Einen Sachbearbeiter gibt es dann nicht mehr.

Das funktioniert laut Weber nur, weil die Entscheidung auf nachvollziehbaren Kriterien beruht, die jeder einsehen kann. Wenn diese sich aber ständig verändern, wie bei selbstlernender künstlicher Intelligenz, wird das schwer. Wenn der Algorithmus sich verrechnet und keinen Parkausweis ausstellt, obwohl man berechtigt wäre, sind die Folgen nicht sonderlich schwerwiegend und die Entscheidung kann leicht durch einen Beamten verändert werden.

Wenn es aber um komplexe Entscheidungen wie in der Politik geht, überwiegt momentan noch die Skepsis. Noch sind die persönlichen Ideen, die Willensbildung und die politischen Prozesse wichtig genug, um nicht durch Algorithmen ersetzt zu werden. „Würde Software das Regieren übernehmen, droht eine Entpolitisierung der Politik“, so Weber. Der Wahl-O-Mat würde dann nicht mehr nur empfehlen, sondern die klassischen Wahlen sogar abschaffen.

von Birte Mensing (EJS)

Bildnachweis: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

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